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  • j-kkern

Good vibes only? No way!

Aktualisiert: 27. Sept. 2021


Ich finde es extrem spannend, wie oft Menschen die Fähigkeit fehlt, negative Gefühle anzunehmen. Nachdem ich gerade einiges an Abschied und Kraftverlust durchmache, höre ich fast restlos Sätze wie ‚Du musst schnell wieder positiv werden’ ‚das wird alles wieder‘ oder mein Gegenüber versucht ein schnelles Ablenkungsmanöver alla ‚ich kenne da jemand…‘, ‚wenn du nicht mehr daran denkst‘ oder geht ganz schnell in die Analyse, welchen Sinn das Ganze hat oder welche Atmung ich jetzt unbedingt brauche.


Alles unfassbar gut gemeint, allerdings außerordentlich schlecht gemacht!


Es irritiert mich immer wieder, wie intelligente Menschen, die Kunst der Empathie nicht beherrschen! In meiner ersten Lebenshälfte war ich regelmäßig wütend, wenn mein Gegenüber sich nicht in mich einfühlen konnte. In meiner zweiten Lebenshälfte weiß ich, ich war empathielos den Empathielosen gegenüber!


Viele Menschen tragen nicht die Kerze für Empathie in ihrem Herzen, da sie selbst mit negativen Gefühlen nichts zu tun haben möchten. Und nur weil jemand negative Gefühle zulassen kann, ist er oder sie noch lange nicht empathisch. Wir brauchen einen starken inneren Kompass der Gefühle, müssen die Stufen dieser kennen und die jeweiligen Bedürfnisse dahinter verstehen, um uns in andere einzufühlen.


Ich möchte ein Hoch auf unsere negativen Gefühle aussprechen, dann ist für die Empathie schon einiges getan. Und wir übersehen sonst, wie viel Schönes und Lebendiges aus ihnen entstehen kann.


Ich durfte mich vor einigen Jahren mit Rüdiger Nehberg unterhalten und habe ihn gefragt, woher er mit 80 Jahren die Kraft nimmt, sich in voller Stärke für Frauenrechte einzusetzen. `Julia, das ist die reine Wut`.


Wenn wir von uns selbst oder anderen erwarten immer gute Laune zu haben, führt das zur Unterdrückung der Gefühle, die sich meist mit einem plötzlichen Bang Bum Bäng Luft machen und Schaden anrichten. Ich will auch nicht sagen, dass wir Jammern sollen. Das nervt mich fast noch mehr als Empathielosigkeit. Es geht darum, negative Gefühle nicht kleinzureden.


Zudem passen negative Gefühle und positives Denken wahrlich gut zusammen. Wir können wütend, traurig und verzweifelt sein und trotzdem davon überzeugt, dass alles wieder gut wird. Eine positive Grundhaltung gegenüber unserem Leben, bedeutet nicht, dass wir Dinge in unserem Leben beschönigen, sondern gute Seiten sehen, auch wenn nicht alles gut ist.


Genutzte Wut bringt so viel Energie hervor, die Melancholie dient der Kreativität und der Kunst und die Angst beschützt unsere Kinder. Ich meine nicht, dass wir negative Gefühle ungesteuert ausleben sollen, da dies viel Schaden anrichten kann. Negative Gefühle müssen gepaart sein mit unserer eigenen Achtsamkeit und Steuerungsfähigkeit. Dann kann so viel Magisches und Wunderbares entstehen.


Und wie zauberhaft ist es dann plötzlich, wenn einer fragt: ‚sollen wir einfach zusammen still sein und ich halte Dich in meinen Arm? ` `ich habe Zeit, höre Dir zu und bin da für Dich, wenn Du mich brauchst` `ich verstehe nicht, was Du durchmachst, aber kann mir vorstellen, wie anstrengend das ist` `ich bin für Dich da und unterstütze Dich, wenn Du was brauchst. Gibt mir Bescheid`.


Nach solchen Sätzen gallopiert mein kleines Herz und ich fühle mich geliebt und verstanden.


Geist auf, Herz auf, Liebe rein, dann klappt´s auch mit den negativen Gefühlen 😉


In Liebe, Julia



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